Die Wissenschaft von der älteren deutschen Sprache und Literatur (Germanistische Mediävistik) befasst sich mit Texten, die in der Zeit zwischen ca. 750 und 1520 in den Sprachstufen des Althochdeutschen und Altsächsischen, des Mittelhochdeutschen, Mittelniederdeutschen und Mittelniederländischen sowie des Frühneuhochdeutschen abgefasst wurden. Sie betrachtet diese Zeugnisse im Spannungsfeld von philologischen, geistesgeschichtlichen und kulturwissenschaftlichen Zugriffsweisen. Mit Hilfe eines erweiterten Literaturbegriffs wird, neben dem Schwerpunkt auf ästhetischen und fiktionalen Texten, auch der Bereich der pragmatischen Schriftlichkeit (z.B. mit Fachprosa) herangezogen. Berücksichtigt wird die spezifische Medialität der mittelalterlichen Literatur in einer von mündlichen Kommunikationsstrukturen geprägten Gesellschaft; dazu dienen überlieferungsgeschichtliche, textkritische, editionswissenschaftliche und sozialgeschichtliche Fragestellungen. Neuere kulturanthropologische Zugänge sollen zudem eine Textbetrachtung im Kontext symbolischer Praktiken der mittelalterlichen Gesellschaft ermöglichen. Die Einbettung der Literatur in Zusammenhänge inner- und außereuropäischer Kulturen verlangt eine interdisziplinäre Methodik, die auch den Dialog mit mediävistischen Nachbardisziplinen sucht. Dieser Kontakt wird über die Einbindung der germanistischen Mediävistik in das Berner Mittelalterzentrum gepflegt. Die Möglichkeit zu universitätsübergreifendem und internationalem Austausch ist durch die Vernetzung diverser Forschungsprojekte (etwa im Bereich elektronischer Editionen) sowie durch etablierte Kontakte zu Partnern auch an ausländischen Universitäten (u.a. Göttingen, Paris IV, Oxford) gegeben.
Professur: Prof. Dr. Michael Stolz