Das SNF-Projekt geht der Frage nach, wie Dürrenmatt in seinen Werken 'Weisssein' und 'Nicht-Weisssein' repräsentiert, reflektiert und als Mythen kenntlich macht.
Ein Fokus auf 'weisse' und 'nicht weisse' Identitäten im Werk eines Schweizer Autors der Nachkriegszeit mag zunächst überraschen. Die Vorstellung, dass sich die Schweizer und europäische Intelligenzija Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts definitiv von 'Rasse'-Konzepten losgesagt habe, war lange verbreitet. Zahlreiche Studien konnten aber das Beharrungsvermögen von Stereotypen rund um das 'Weisssein' und dessen Differenzkategorien nachweisen. Kulturwissenschaftliche und historische Arbeiten, die in den letzten Jahren erschienen, haben diese Kontinuitäten auch für schweizerische Zusammenhänge dokumentiert. An diese Ergebnisse knüpft das Projekt an und zeigt auf, dass eine Untersuchung des 'Weissseins' als Mythos im Sinne Roland Barthes' auch in der Schweizer Literatur äusserst ertragreich sein kann. Dürrenmatts Werk bietet sich dafür an. In vielen seiner Texte, besonders aber in denen des Spätwerks, treten 'nicht weisse' Figuren auf. Sie belegen, dass Dürrenmatt rassistische Denkmuster zunehmend unterlief oder sogar ad absurdum führte.